„Aber im Grunde liegt alle Hoffnung auf dem Neubau“

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De­fek­te Fens­ter und Lö­cher in den Wän­den sind nicht mal das Haupt­pro­blem: Stu­die­ren­de, Leh­ren­de und eine Kol­le­gin aus der Ver­wal­tung über den Sta­tus quo an der HfMDK und ihre Ide­en für die Zu­kunft.

Mit­ein­an­der

Tag­täg­lich be­tre­te ich die Räum­lich­kei­ten der Hoch­schu­le zum Üben und zum Ler­nen, um mich mit mei­nen Kom­mi­li­ton*in­nen aus­zu­tau­schen oder auch ein­fach mal, um mir im Hof die Son­ne auf mein Ge­sicht schei­nen zu las­sen. Ich schät­ze die In­di­vi­dua­li­tät der Räum­lich­kei­ten – das of­fe­ne Foy­er und den zum Ge­spräch ein­la­den­den Hof, die Überäu­me, in de­nen ich al­lei­ne kon­zen­triert ar­bei­te, die Se­mi­nar­räu­me, in de­nen ein in­ter­es­san­ter Aus­tausch statt­fin­den kann. Trotz­dem stört mich auch ei­ni­ges an der Si­tua­ti­on: Zum Bei­spiel, wenn ich weiß, dass ein be­stimm­ter Raum ge­ra­de leer­steht, ich ihn aber nicht bu­chen kann. Oder wenn im Som­mer mei­ne schwei­ßi­gen Hän­de auf den Tas­ten des Kla­viers aus­rut­schen. Oder wenn in Se­mi­nar­räu­men eine kla­re hier­ar­chi­sche Schü­ler*in­nen-Leh­rer*in­nen-Struk­tur er­sicht­lich ist. Oder wenn ich mein Mit­tag­essen von ges­tern auf­wär­men möch­te.

Ob die­se Schwie­rig­kei­ten mit der Er­öff­nung des Neu­baus ver­schwin­den? Mit dem Um­zug der Hoch­schu­le hof­fe ich das na­tür­lich. Aber das ist nicht al­les: Ich er­war­te ei­nen kli­ma­ge­rech­ten Bau, der eine Raum­nut­zung mög­lich macht, die ei­nen best­mög­li­chen (in­ter­dis­zi­pli­nä­ren und in­klu­si­ven) Aus­tausch er­mög­licht, eine po­si­ti­ve Lern­kul­tur schafft und Raum für ein krea­ti­ves Mit­ein­an­der lässt. Ein gro­ßes An­lie­gen ist mir die Ein­glie­de­rung der In­sti­tu­ti­on in die de­mo­gra­phi­sche Di­ver­si­tät des Stadt­teils und eine Öff­nung zur Nach­bar­schaft.

Fran­zis­ka de Gil­de stu­diert Lehr­amt Gym­na­si­um, Ge­sang.

Feh­len­de Büh­ne(n)

Was ich an den ak­tu­el­len Räum­lich­kei­ten schät­ze:

  1. Schein­wer­fer und das Ton­pult
  2. klei­ne Räu­me für Ein­zel­pro­ben und Stim­mun­ter­rich­te

Was ich ver­mis­se:

  1. eine gro­ße Büh­ne für Vor­spie­le!
  2. Aus­stat­tung: Ca­fé­haus­stüh­le (die zum Spiel ge­eig­net sind) und ein­fa­che Ti­sche
  3. gro­ße Räu­me, die räum­li­ches Spie­len mit mehr als ei­ner Per­son mög­lich ma­chen

Wel­che Er­war­tun­gen ich an den Neu­bau habe:

  1. eine gro­ße Büh­ne für Vor­spie­le von Schau­spiel und Re­gie!!!
  2. klei­ne und vor al­lem auch gro­ße Pro­be­büh­nen
  3. gute Aus­stat­tung mit Stüh­len, Ti­schen und Tech­nik
  4. gute Akus­tik
  5. Fens­ter
  6. gute Be­lüf­tung
  7. glat­ter Holz­bo­den (ger­ne auch ei­nen aus­roll­ba­ren Tanz­tep­pich)
  8. Vor­hän­ge

Jo­han­na En­gel stu­diert Schau­spiel.

Menschengruppe beim Sommerfest der HfMDK im Innenhof der Hochschule
Beliebt: Der HfMDK-Innenhof, hier beim Sommerfest im Juni 2022.(Photo: Marvin Fuchs)

Ho­her Wohl­fühl­fak­tor

Von au­ßen be­trach­tet at­men die Ge­bäu­de der HfMDK Ge­schich­te, ein Hauch ih­rer be­rühm­ten Leh­rer*in­nen und Ab­sol­vent*in­nen scheint noch in der Luft zu lie­gen. In­nen, ich un­ter­rich­te vor­nehm­lich im C-Ge­bäu­de, at­met man dann die jahr­zehn­te­lan­ge Ge­schich­te des Tep­pichs, und die ver­brauch­te Zim­mer­luft der Vor­gän­ger*in­nen hängt oft
blei­schwer im Raum.

Si­cher, das groß­zü­gi­ge, of­fe­ne Foy­er und der da­zu­ge­hö­ri­ge In­nen­hof sind die Licht­bli­cke des Ge­bäu­de­kom­ple­xes, sie
la­den mit ho­hem Wohl­fühl­fak­tor beim Ein­tritt in die Hoch­schu­le und in Kon­zert­pau­sen zum Ver­wei­len ein. Auch in den
Kon­zert­sä­len füh­le zu­min­dest ich mich gut auf­ge­ho­ben, aber: Das Kern­ge­schäft, die Leh­re, fin­det nun mal in den Un­ter­richts- und Se­mi­nar­räu­men statt, de­nen man – trotz tech­ni­scher Up­grades – ihre Über­al­te­rung nur all­zu deut­lich an­merkt. Nicht vor­han­de­ner Schall­schutz, de­fek­te Fens­ter, pfei­fen­de Hei­zun­gen und Lö­cher in den Wän­den sind alte Be­kann­te, eben­so die le­gen­dä­ren Uni­sex-Toi­let­ten des C-Ge­bäu­des, die das Gen­dern schon lan­ge vor­weg­ge­nom­men ha­ben. Man könn­te dem mit viel Hu­mor und gu­tem Wil­len viel­leicht so et­was wie „Charme“ ab­ge­win­nen, aber im Grun­de
liegt alle Hoff­nung auf dem Neu­bau. Denn wie er am Ende auch aus­se­hen mag: Es kann ei­gent­lich nur bes­ser wer­den!

Da­ni­el Kem­mi­ner un­ter­rich­tet das Fach Schul­prak­ti­sches In­stru­men­tal­spiel.

Ver­wal­tung

Bei mei­nen Re­cher­chen in Be­stands­un­ter­la­gen bin ich kürz­lich auf fol­gen­den Pas­sus aus der Ent­wurfs­be­schrei­bung des Ar­chi­tek­tur­bü­ros Braun & Schlo­cker­mann aus dem Jahr 1984 ge­sto­ßen: „(………) ist eine kom­mu­ni­ka­ti­ve räum­li­che Viel­fäl­tig­keit an­ge­strebt, als ad­äqua­te At­mo­sphä­re ei­ner Hoch­schu­le für Mu­sik und Dar­stel­len­de Kunst. Die sti­mu­lie­ren­de in­nen­räum­li­che In­sze­nie­rung för­dert Kon­tak­te zwi­schen Stu­die­ren­den und Leh­ren­den, regt zur Selbst­dar­stel­lung an und for­dert zu spon­ta­nem Auf­tre­ten her­aus.“ Die­se Ar­chi­tek­tur, in der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Aus­tausch un­ter­ein­an­der eine we­sent­li­che Rol­le spielt, wur­de in mei­nen Au­gen kunst­voll um­ge­setzt.

Die Ver­wal­tung ist je­doch kaum in die be­schrie­be­ne Raum­struk­tur in­te­griert, was ich lei­der ver­mis­se. Sie ist in funk­tio­na­len Ne­ben­ge­bäu­den un­ter­ge­bracht bzw. größ­ten­teils aus­ge­la­gert in ei­nem Ge­bäu­de, in dem Be­geg­nungs­zo­nen fak­tisch nicht mit­kon­zi­piert sind. Die Qua­li­tät ei­ner Hoch­schu­le liegt mei­nes Er­ach­tens dar­in, dass Stu­di­um und Leh­re, aber eben auch die Ver­wal­tung eine Ein­heit bil­den. By the way In­for­ma­tio­nen und Wis­sen wei­ter­ge­ben, Ab­stim­mun­gen auf kur­zem Weg tref­fen oder auch ganz ein­fach ein in­for­mel­les per­sön­li­ches Ge­spräch füh­ren, stellt mei­nes Er­ach­tens ei­nen gro­ßen Mehr­wert im Hoch­schul­all­tag dar. Da­her wün­sche ich mir für den Neu­bau eine Ar­chi­tek­tur, die zwangs­läu­fig zu­fäl­li­ge Be­geg­nun­gen un­ter al­len Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen för­dert: Stu­die­ren­den, Leh­ren­den und Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­ter*in­nen.

Chris­ti­na Nehls, Dipl.-Ing. Ar­chi­tek­tur, lei­tet die Ab­tei­lung Bau und Ge­bäu­de­ma­nage­ment.

Blick von oben ins Foyer der HfMDK.
Belebt: Mit einem Gang durch das Foyer lässt sich ein Teil der E-Mails durch persönliche Gespräche ersetzen, sagt Prof. Hansjacob Staemmler.(Photo: Lena Bils)

Be­geg­nungs­ort

Dass die Kam­mer­mu­sik ein Kern­be­reich der HfMDK ist, dass sie vie­len Leh­ren­den und Stu­die­ren­den ein be­son­de­res An­lie­gen ist, zei­tigt ein wun­der­ba­res Sym­ptom: eine sehr ent­wi­ckel­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kul­tur. Geht man durch das Foy­er des A-Ge­bäu­des, ist die­se sehr spür­bar: Es vi­briert förm­lich von all den Ge­sprä­chen, die dort ge­führt wer­den. Kurz nach­dem ich mei­ne Ar­beit an der Hoch­schu­le auf­nahm, wur­de mir der wert­vol­le Hin­weis ge­ge­ben: Mit dem Durch­que­ren des Foy­ers (wo­für man, wenn mög­lich, et­was Zeit ein­pla­nen soll­te) er­üb­ri­ge sich ei­ni­ge Bü­ro­zeit – da kön­ne man mit ei­ni­ger Wahr­schein­lich­keit ei­nen Teil der E-Mails durch per­sön­li­che Ge­sprä­che er­set­zen. Und in der Tat: Das Foy­er ist ein Be­geg­nungs­ort und als sol­cher für die po­si­ti­ve At­mo­sphä­re un­ter den Stu­die­ren­den, den Team­geist un­ter den Leh­ren­den, aber auch das Mit­ein­an­der von Stu­die­ren­den und Leh­ren­den an der Hoch­schu­le wich­tig, so­gar un­ver­zicht­bar. Die Lock­downs in der Pan­de­mie ha­ben deut­lich ge­macht, wie viel uns fehlt, wenn die­se Be­geg­nun­gen nicht statt­fin­den kön­nen. Ins­be­son­de­re neu an die Hoch­schu­le ge­kom­me­ne Stu­die­ren­de ha­ben die­sen Man­gel sehr zu spü­ren be­kom­men.

Die­sen Raum – ein groß­zü­gi­ges Foy­er – für Kom­mu­ni­ka­ti­on soll­te ein neu­es Ge­bäu­de auch bie­ten. Ein Ge­bäu­de, das die­sen Raum für Öf­fent­lich­keit be­reit­stellt, soll­te aber auch das Ge­gen­teil be­reit­hal­ten: Rück­zugs­or­te für kon­zen­trier­tes Ar­bei­ten. Dazu ge­hö­ren selbst­ver­ständ­lich Übe-/ Pro­ben- und Un­ter­richts­räu­me. Dazu braucht es Be­rei­che, in de­nen un­ge­stör­te, in­di­vi­du­el­le Ar­beit oder auch kon­zen­trier­te Teil­nah­me an ei­ner On­line­ver­an­stal­tung mög­lich ist. Oft sieht man im Tru­bel des Foy­ers Stu­die­ren­de, die ver­su­chen, die Vi­bra­tio­nen der Ge­sprä­che aus­zu­blen­den und ei­ner Ver­an­stal­tung auf dem Bild­schirm ih­res Com­pu­ters zu fol­gen. Für die­se – tat­säch­lich neu­en – An­for­de­run­gen soll­ten Lö­sun­gen ge­sucht wer­den.

Hans­ja­cob Sta­emm­ler ist Pro­fes­sor für Kla­vier­kam­mer­mu­sik und In­stru­men­tal­kor­re­pe­ti­ti­on.

Autor*innen

Potraitbild
(Foto: Jessica Schäfer)

Johanna Engel

Schauspiel (Diplom)
DK

Daniel Kemminer

Lehrkraft für besondere AufgabenSchulpraktisches Klavierspiel
CN

Christina Nehls

LeitungBau und Gebäudemanagement
Porträt von Hansjacob Staemmler
(Foto: Kaupo Kikkas)

Prof. Hansjacob Staemmler

ProfessurKlavierkammermusik und Instrumental-Korrepetition
Zwei ganz in weiß gekleidete Schauspieler*innen machen eine Bogenschieß-Bewegung
(Foto: Marvin Fuchs)

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In der aktuellen Ausgabe unseres Magazins sprechen wir über Empowerment. Wir fragen, was wir als Hochschule tun können, damit die Menschen, die bei uns studieren und arbeiten, die uns ihr Talent, ihre Begeisterung und ihr Engagement anvertrauen, sich als selbstwirksam erleben, gesund bleiben und gerne bei uns sind.