Explorative Studie zu differenzierenden Impulsen innerhalb inklusiver musikalischer Lernprozesse
Das Gleiche ist nicht für alle gleich gut!
(Bernd Ahrbeck: 2011)
Gegenstand des Forschungsprojekts
Impulse sind maßgeblich für den Lerngewinn im Musikunterricht, das gilt insbesondere für inklusive Prozesse. Ziel der Studie ist es, Impulse bei Inklusionsprozessen zu systematisieren, um sie besser zu verstehen.
Theoretischer Hintergrund
Die Schere der Heterogenität von musikalischen Lernprozessen ist weiter als in jedem anderen Unterrichtsfach: Umfassende private instrumentale Förderungen aus Elternhäusern stoßen auf gänzliche Absenz kultureller Teilhabe in anderen Familien. Dazu kommen unterschiedliche individuelle Lernfähigkeiten sowie unterschiedliche ästhetische bzw. musikalische Interessen und Präferenzen. Inklusion stellt damit die entscheidende Herausforderung gegenwärtigen Musikunterrichts, musikdidaktischer Hochschulbildung und Lehrer*innenausbildung dar. Daraus resultiert die Notwendigkeit, Möglichkeiten und Problematiken von differenzierenden Impulsen – als gewichtigstes Instrument für das Gelingen von inklusiven Musikunterrichtssequenzen – sowohl an den Hochschulen als auch verstärkt in der zweiten Phase der Lehrer*innenausbildung zu erörtern und anhand konkreter Unterrichtspraxis zu reflektieren.
Obgleich es in der Forschung impliziten Konsens darüber gibt, dass Differenzierung notwendige Bedingung für sinnhaften Musikunterricht ist, gibt es dazu bisher keinerlei studienbasierte musikpädagogische Forschung.
Methode
Untersuchungsgegenstand sind Unterrichtsentwürfe von Lehramtsreferendar*innen aller Schulformen und die dort ausformulierten Impulse – seien sie als schriftlicher Impuls innerhalb der konzipierten Unterrichtsstunde vorgesehen oder als mündlicher Impuls bereits in der Unterrichtsplanung verschriftlicht. Additiv werden nach den durchgeführten Unterrichtstunden Interviews mit den entsprechenden Referendar*innen geführt, und zwar zu möglichen Abweichungen und Änderungen der zuvor im Entwurf konzipierten Impulse. Die Auswertung der Daten erfolgt mit einer kategorienbasierten Auswertung durch eine qualitative Inhaltsanalyse nach Udo Kuckartz, die sowohl eine fallorientierte als auch eine vergleichende Perspektive ermöglicht.
Bisherige Ergebnisse
Die an der Studie teilnehmenden Musikreferendar*innen betonen ausnahmslos die Relevanz und Funktionalität von Differenzierung für einen sinnvollen Musikunterricht. Sie formulieren aber auch ausdrücklich die Herausforderungen und Schwierigkeiten, mit denen sie sich bei der Konzeption und Durchführung von Differenzieren konfrontiert sehen. So gebe es im Fach Musik deutlich weniger Literatur, weniger konkrete Differenzierungs-Bausteine als in anderen Fächern. Vielmehr brauche es immer wieder neue, gezielt auf den meist kreativen Lerngegenstand abgestimmte Angebote.
Hinsichtlich der Passung wird von den Teilnehmenden schwerpunktmäßig zeitlich differenziert. Auch wird der Lerngegenstand in unterschiedlich komplexe Aufgabenstellungen aufgefächert. Zudem werden oft additiv – wenn auch nicht im engeren Sinn individualisierte – Hilfsangebote zur Verfügung gestellt. Lernende werden meist im Vorhinein nach Schwierigkeit der Instrumentalstimmen eingeteilt, seltener können sie sich den instrumentalen Schwierigkeitsgrad selbst auswählen. Eher selten bieten die Lehrenden auch offen gänzlich verschiedene Lernwege an, so dass die Lernenden über ihr Lernniveau komplett selbst entscheiden können.
Ausblick
Das Projekt ist als eine erste Systematisierung zum Thema Differenzierung konzipiert, vorbereitend für eine größere Studie zur Analyse von inklusiven Unterrichtssequenzen.
Constanze Elisabeth Tinawi, Katharina Schilling-Sandvoß