Podiumsdiskussion im Rahmen des Musik Monat Mai: Hessische Musikschulen – Unterrichtsqualität weiterentwickeln, Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte verbessern
Der 19. Musik Monat Mai in Frankfurt hat zum dritten Mal in Folge beeindruckende Rekordzahlen – mit so vielen Anmeldungen wie noch nie: In diesem Jahr wollen über 6.000 Schüler*innen aus 63 Frankfurter Schulen Musik erleben! LIVE – von und mit rund 300 beteiligten Musikschaffenden.
Land, Kommunen, Verbände und die HfMDK wollen die Musikausbildung in Hessen stärken.
Die Beschäftigung mit der Musik und Ausbildung für Musik sind in Hessen breit aufgestellt. Beim Frankfurter Aktionsmonat öffnen die örtlichen Musikeinrichtungen die Türen für die Schüler*innen der allgemeinbildenden Schulen. Die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK) bildet im Leistungsbereich aus, insbesondere mit ihrer Young Academy beim Übergang in ein Musikstudium und ihren musikpädagogischen Studiengängen. Die Musikschulen im ganzen Land ermöglichen mit Musikvereinen und Chorvereinigungen, ein Instrument zu erlernen, in Gruppen zu singen.
Bei der heutigen Podiumsdiskussion anlässlich des 19. Musik Monat Mai ging es um die Musikschulen. Sie freuen sich über steigendes Interesse bei Kindern und Jugendlichen, über eine Nachfrage ihrer Unterrichtsangebote, der sie oft weder personell noch finanziell entsprechen können. Moderiert von Hochschulpräsident Prof. Elmar Fulda diskutierten Staatssekretär Christoph Degen (Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur /HMWK), Prof. Christopher Brandt (Dekan Künstlerische Instrumental-ausbildung der HfMDK und Vorstandsmitglied des Hessischen Landesmusikrats), Mathias Metzner (Leiter der Frankfurter Musikschule), Mariana Röhmer-Litzmann (HfMDK-Studentin Instrumental-pädagogik mit mehrjähriger Erfahrung als Lehrkraft an Musikschulen) und Prof. Carsten Wiebusch (HfMDK-Vizepräsident und HfMDK-Verantwortlicher für den Musik Monat Mai).
Es ging um folgende Fragen:
- Wie können wir als Gesellschaft junge Menschen beim Singen und Musizieren unterstützen, auch ein Instrument zu erlernen, wenn Elternhaus, Vereine und Kirchen dies nur noch zum Teil leisten können?
- Was tun gegen den wachsenden Musiklehrkräftemangel, wie können wir den Beruf für junge Menschen attraktiver machen?
- Wie können wir die Musikschulen finanziell stärken angesichts höherer Sozialversicherungsbei-träge (Herrenberg-Urteil) oder der vom deutschen Musikrat geforderten Honoraruntergrenzen?
»Wir Menschen leben mit Musik. Fast jeder Lebensaugenblick wird von Musik begleitet: Feiern, Feste, Begegnung, Hochzeit, Trauer, Würdigung. Musik ist eine Kulturtechnik, die Menschen zusammenführt und verbindet. Musik berührt, schafft sofort Gemeinschaft und ermöglicht Teilhabe. Wir müssen uns mehr kümmern, dass Musik in der Breite und in allen Leistungsstufen gefördert wird und weiter stattfinden kann.«HfMDK-Präsident Prof. Elmar Fulda
Statements aus der heutigen Presse-Podiumsdiskussion
In Hessen ist über die Jahre eine sowohl organisatorisch als auch finanziell sehr zerklüftete Musikschullandschaft entstanden, in der die Anteile der Finanzierung einzelner Schulen durch Kommunen, Land und Elternbeiträge sehr unterschiedlich ausfallen.
Die konkreten Fragen, die sich daraus ergeben: Was sind/wären die Folgen von Herrenberg-Urteil (Sozialversicherungspflicht für Honorarkräfte) und der vom Deutschen Musikrat geforderten Honoraruntergrenzen? Hinzu kommen die großen aktuellen Probleme der Musikschulen: zu geringe Finanzausstattung und schwindende Zahl der Musiklehrkräfte.
Gibt es hierfür – und wenn ja welche – kurz-, mittel-, langfristige Lösungsvorschläge?
Darüber diskutierten die Vertreter*innen aus Politik, Praxis und Ausbildung - und formulierten ihre Positionen in folgenden Statements (in alphabethischer Reihenfolge).
Prof. Christopher Brandt (Dekan Künstlerische Instrumentalausbildung der HfMDK und Vorstandsmitglied des Hessischen Landesmusikrats):
„Berufsausbildung an der HfMDK im Spannungsfeld zwischen Kunst, Pädagogik und Wissenschaft. Im Fachbereich 1 der HfMDK ist – neben der Kirchenmusik und der historischen Interpretationspraxis –sowohl die Künstlerische Ausbildung Musik als auch der Masterstudiengang Instrumentalpädagogik angesiedelt. Wir verstehen Pädagogik – insbesondere Instrumentalpädagogik, also die Wissenschaft vom Lehren und Lernen am Instrument – als künstlerische Praxis. Das heißt: Die an Musikhochschulen und im Musikleben seit jeher behauptete Hierarchie zwischen konzertierenden Künstler*innen und unterrichtenden Instrumentallehrenden halten wir für nicht mehr zeitgemäß. Zum einen vermischen sich die Berufsfelder zusehends – kein renommiertes Ensemble oder Konzerthaus mehr ohne Vermittlungsprojekte, kein Musikschullehrender der jüngeren Generation mehr, der nicht auch am Instrument Herausragendes zu leisten in der Lage ist –, vor allem aber wird die zentrale Bedeutung, die der Musikerziehung nicht nur für das Erlernen grundlegender Kulturtechniken, sondern auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zukommt, immer evidenter, je mehr sowohl dieser Zusammenhalt als auch die kulturelle Bildung selbst bedroht sind. Eine Konsequenz daraus: Es ist an der HfMDK nicht mehr möglich, einen künstlerisch-musikalischen Bachelorstudiengang zu studieren, ohne pädagogische Grundfertigkeiten zu erlernen, alle Musikstudierende erhalten eine Didaktisch-Methodische Ausbildung. Zugleich ist die Hochschule bestrebt, den Anteil Studierender im Master Instrumentalpädagogik zu erhöhen und durch Workshops mit Musik-schülern, Angeboten zu Aufnahmeprüfung und pädagogischen Formaten in Kooperation mit Partnerin-stitutionen die Sichtbarkeit und den Praxisbezug der künstlerisch-pädagogischen Ausbildung zu erhöhen.”
Staatssekretär Christoph Degen, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur (HMWK):
„Kulturelle Bildung zu stärken und Teilhabe zu ermöglichen, ist mir ein Herzensanliegen. Deshalb setze ich mich seit Langem für die gesamte Bandbreite musikalischer Ausbildung ein, insbesondere für eine Verbesserung der Situation der hessischen Musikschulen. Mit einer neuen Förderrichtlinie, die im HMWK entsteht, wollen wir die Qualität des Unterrichts weiterentwickeln – durch höhere Standards und bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte. Bereits 2023 und 2024 konnten die Landesmittel um jährlich 600.000 Euro gesteigert werden, für 2025 ist sogar eine Mittelsteigerung von insgesamt 1,2 Millionen auf insgesamt rund 6 Millionen Euro vorgesehen. Die diesjährige Steigerung der Mittel ist speziell dafür vorgesehen, besonders ressourcenschwachen Musikschulen dabei zu helfen, die neuen Qualitäts-standards umzusetzen. Die geplante Förderrichtlinie setzt damit ein starkes Zeichen für soziale Gerech-tigkeit und die Bedeutung der Musikschulen als kulturelle und bildungspolitische Institutionen in Hessen.“
Mathias Metzner, Leiter der Musikschule Frankfurt am Main:
„In vielen hessischen Musikschulen sind die Folgen des Herrenberg-Urteils deutlich spürbar. Einige werden schließen müssen, weil sich die kleinen Kommunen die Umstellung auf Festanstellung nicht leisten können. Andere Schulen stellen auf Festanstellung um, bezahlen mit Haustarifverträgen unter TvöD. Die Lehrkräfte erleben Einkommenseinbußen leben und verlieren ihre Flexibilität durch die festen Verträge. Die zerklüftete Musikschullandschaft besteht weiter.
Es gibt auch eine positive Entwicklung: Der Pakt für Musikschulen stellt deutlich mehr Landesmittel für Musikschulen zur Verfügung! Das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Was allerdings fehlt ist eine Finanzierung von Zukunftsaufgaben wie von Musikschul-Ganztagsan-geboten. Damit der Ganztag gelingt, müssen auch die Angebote der außerschulischen Kooperations-partner (Musikschulen) finanziert werden. Denn die Angebote im Ganztag sollen für die Kinder beitragsfrei sein. Eine zentrale Rolle bei den Ganztagsangeboten spielt die EMP. Es fehlt seit Jahrzehnten ein Studiengang an der HfMDK. Selbst wenn dieser Studiengang zum Wintersemester 2025/ 26 eingerichtet wird, fehlen uns bis 2030 weiterhin die Fachkräfte.“
Mariana Röhmer-Litzmann, HfMDK-Studentin Instrumentalpädagogik mit mehrjähriger Erfahrung als Lehrkraft an Musikschulen:
„Musikschulen in Hessen stehen derzeit vor großen Herausforderungen. Durch den anhaltenden Lehrerkräftemangel werden auch Instrumentallehrkräfte ohne pädagogische Qualifikation eingestellt – ein pädagogisches Studium ist also nicht zwingend notwendig für den Berufseinstieg. Darüber hinaus unterrichten in privaten Musikschulen teils Lehrende, die ihr Instrument nur als Nebenfach studiert haben. Ob man eine fundierte pädagogische Ausbildung als Basis für qualifizierten und motivierenden Unterricht anstrebt, bleibt jeder Person selbst überlassen – notwendig für eine Anstellung ist sie nicht. Doch pädagogische Kompetenz entwickelt sich nicht automatisch durch Berufserfahrung.
Die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt bietet eine hochwertige Ausbildung und bereitet ihre Studierenden umfassend auf den Beruf vor, indem sie sowohl künstlerische als auch pädagogische Kompetenzen fördert. Ein besonderer Fokus liegt auf der pädagogischen Professionali-sierung, die durch verschiedene Methoden und Reflexion des eigenen Handelns unterstützt wird. Zusätzlich haben die Studierenden die Möglichkeit, aus einer breiten Auswahl an Seminaren, Kursen, Projekten und Workshops ihre individuellen Schwerpunkte zu wählen und ihre eigenen Berufsprofile zu gestalten. Trotz bundesweiter finanzieller Herausforderungen durch das Herrenberg-Urteil bieten Musikschulen in Bayern und Baden-Württemberg etwas bessere Konditionen und Tarife als in Hessen.“
Sylvia Weber, Frankfurter Dezernentin für Bildung, Immobilien und Neues Bauen
(kurzfristig verhindert):
Als Schirmherrin freue ich mich sehr, dass wir den Musik Monat Mai erneut tatkräftig unterstützen konnten. Projekte wie der Musik Monat Mai stehen für Teilhabe, Chancengleichheit und Vielfalt, eröffnen Schülerinnen und Schülern neue Ausdrucks- und Erfahrungswelten und stärken sie in ihrer persönlichen Entwicklung. Unseren Frankfurter Musikschulen und kulturellen Einrichtungen kommt dabei als Projektpartnern eine wichtige Rolle zu. Sie sind aktive Partner in unserer Frankfurter Bildungslandschaft, wirken kooperativ in Kitas, Schulen und Bildungsorten im Quartier an einer ganzheitlichen und inklusiven Bildung mit. Gemeinsam mit dem Land müssen wir uns als Kommune dafür einsetzen, dass Musikschulen gute Rahmenbedingungen für diese Aufgabe vorfinden.“

Pressefoto: Teilnehmer*innen der Podiumsdiskussion im Rahmen Musik Monat Mai 2025
v.li.: Prof. Carsten Wiebusch, Prof. Christopher Brandt, Staatssekretär Christoph Degen, Mariana Röhmer-Litzmann, Mathias Metzner, Prof. Elmar Fulda, Ulrike Voidel
Hintergrundinformationen Musik Monat Mai 2025
HfMDK-Vizepräsident Prof. Carsten Wiebusch:
„Die kulturelle Bildung in allen Altersgruppen, aber auch und vor allem bei den Jüngsten zu fördern, ist der HfMDK ein großes Anliegen, es gehört zu unserem erklärten Verständnis von Nachhaltigkeit.Deshalb freut es mich besonders, dass die Zahlen der beteiligten Schüler*innen von Jahr zu Jahr steigen und auch immer mehr Frankfurter Kulturinstitutionen dabei sind - wie nun erstmals Kirchengemeinden mit ihrer reichen musikalischen Tätigkeit. Auch wenn die schlimmen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf musische und kulturelle Teilhabe zum Glück schon länger zurück liegen: Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass gerade musikalische Bildung für die kognitive und soziale Entwicklung absolut unver-zichtbar ist. Wir hören die Klagen über mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Gewalt in Schulen und fehlende Basisfähigkeiten - wer möchte, dass Kinder gut rechnen, sich konzentrieren und kommunizie-ren können, muss ihnen entsprechend Musikunterricht, Tanz, Theater, Ensembles, künstlerisch spielerisches Miteinander, ästhetische Erfahrung in den Schulen bieten. Dazu tragen wir, im Sinne unserer hohen gesellschaftlichen Verantwortung, gerne mit dem Musik Monat Mai und gemeinsam mit unseren zahlreichen und wunderbaren Kooperationspartnern bei.“
Das Besondere am Musik Monat Mai: Nahezu alle Musikinstitutionen in Frankfurt realisieren seit bald zwei Jahrzehnten gemeinsam diese Kooperation: Alte Oper Frankfurt, Bridges – Musik verbindet, Dr. Hoch‘s Konservatorium, Frankfurter Museumsgesellschaft, Frankfurter Musikwerkstatt, Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK), hr-Bigband, hr-Sinfonieorchester, Internationale Ensemble Modern Akademie, Junge Deutsche Philharmonie, laterna musica, Musikschule Bergen-Enkheim e.V., Musikschule Frankfurt am Main e.V., Oper Frankfurt, Schülerkonzerte der Stadt Frankfurt am Main, Tadaa – einfach Klang, Waggong e.V.. Ermöglicht wird diese Zusammenarbeit durch die Stiftung der Frankfurter Sparkasse und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.
2006 initiierte die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK) den 1. Tag der Schulmusik mit einem Aktionstag. 2010 waren es bereits fünf Tage, seit 2012 ein ganzer Monat, an dem alle Frankfurter Musikinstitutionen mitwirken und Unterrichts-, Workshop- und Vortragsangebote rund um die Musik in die Schulen bringen. Mittlerweile eine Erfolgsgeschichte: In den vergangenen 12 Jahren machten jeden Mai etwa 300 Musiker*innen ehrenamtlich für rund 3.800 Schüler*innen aus jeweils durchschnittlich 50 Frankfurter Schulen Musik zum Live-Erlebnis, das sind insgesamt über 38.000 Begegnungen mit Musik. Und die Nachfrage steigt seit Jahren kontinuierlich.
Brigitte Orband, Geschäftsführerin der Stiftung der Frankfurter Sparkasse:
„Die Frankfurter Sparkasse mit Ihrer Stiftung ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und fördert aus tiefer Überzeugung das kulturelle Leben der Region. Und sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur finanzielle Dienstleistungen anzubieten, sondern auch aktiv die Entwicklung in der Region zu fördern. Die Unterstützung des Musik Monat Mai ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie wir gemeinsam Kultur und Bildung voranbringen können. Durch dieses Engagement ermöglichen wir es der nächsten Generation, ihre musikalischen Fähigkeiten zu schärfen, ihre Leidenschaft zur Musik zu entwickeln und zu teilen. Wir investieren damit in die Zukunft der Künste und in die Zukunft unserer Gesellschaft. Da die Stiftungen der Frankfurter Sparkasse seit vielen Jahren der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst sehr eng verbunden ist, haben wir auch in diesem Jahr das wunderbare Projekt sehr gerne finanziell unterstützt.“
Nicole Schlabach M.A., Stv. Geschäftsführerin der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen:
„Der Musik Monat Mai ist ein prädestiniertes Projekt dafür, Schüler*innen zum Musizieren aber auch zur Reflexion über Musik und ihre Interpretation zu ermutigen. Die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen setzt einen Förderschwerpunkt in der kulturellen, musischen Bildung. Durch Projekte wie den Musik Monat Mai gelingt es, Kinder und Jugendliche über den schulischen Unterricht hinaus für Kultur zu interessieren und zu begeistern. Deshalb sind wir froh darüber, dieses so wertvolle Projekt gemeinsam mit der Stiftung der Frankfurter Sparkasse 1822 begleiten zu können.“

Pressefoto: Musik Monat Mai 2025: Minna-Specht-Schule
Musik Monat Mai 2025: ein Projekt von Musiker*innen der Jungen Deutschen Philharmonie, die Grundschulkindern ihr Orchester vorstellen.