Neue Wege finden

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Das Jahr nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine – Stimmen aus der Hochschule.

Natalia Lukianovas Neuanfang an der HfMDK Frankfurt begann mit einer Nachricht an Prof. Dieter Heitkamp: “When I came to Germany, leaving my homeland, Ukraine, I was lost, shocked and scared, I didn’t know what to do and at some point I didn’t even know where to live. One day, I came up with the thought that coming back to doing what I love can help me to find myself again. I searched for dance schools and universities in Frankfurt and decided to text Professor Dieter Heitkamp.”

Gruppe von 8 Tänzer*innen in bunten Hemden, in dynamischer Bewegung fotografier.
Natalia Lukianova ist als Gaststudentin in der Tanzabteilung der HfMDK im Unterricht und bei Aufführungen dabei.(Foto: Maciej Rusinek)

Im April 2022 konnte Natalia Lukianova als Gaststudentin in der Tanzabteilung anfangen: “Since that moment I met so many kind and supportive people, and a lot of good things started happening to me. Being in the school I always feel like a part of the group. I feel support, respect, and openness and I am always surrounded by like-minded and inspiring people.”

»I believe that getting into HfMDK is the best thing that happened to me in Germany. I kind of often joke that it was destiny. Because only the school and the support which people there gave me, helped me to come back to myself, calm down and continue living. This experience changed me so much not only as a dancer but also as a person.«Natalia Lukianova

Hoffnung auf Normalität

Als Studierende wie Natalia in Frankfurt an der HfMDK ankamen, wurden für Silke Hennen und Friederike Kreft aus dem Studienservice von einem Tag auf den anderen aus Ideen Prozesse und aus E-Mails Gesichter: „Wir waren in Kontakt mit jungen Menschen, die an Grenzübergängen ausharrten, Wohnraum in Frankfurt und Umgebung suchten oder voller Hoffnung auf etwas Normalität an unsere Hochschule kamen. Es war turbulent und teilweise chaotisch, aber immer ein gemeinsamer Prozess bei dem wir auch viel gelernt haben und positive Erfahrungen machen konnten.“

»Wenn wir zurückschauen auf 2022, fallen uns viele Momente ein, in denen wir helfen konnten, in denen wir ratlos waren und auch Momente, in denen wir selbst Unterstützung brauchten. An der HfMDK haben sich Türen für junge Menschen aus der Ukraine geöffnet. Wege zu finden war manchmal eine Herausforderung.«Silke Hennen (Leitung Studienservice) und Friederike Kreft (International Office)

Ukraine-Hilfsfonds

Wege finden: Dabei half auch die finanzielle Unterstützung der Freunde und Förderer der HfMDK. Aus dem neu eingerichteten Ukraine-Hilfsfonds konnten für die ukrainischen Studierenden Zuschüsse finanziert werden: für Einzelunterricht oder Korrepetition, für Mensa-Karten mit Wertguthaben, die Übernahme der Semestergebühren und für die Beschaffung von Ausleih-Laptops und weiterem Equipment. Rund 15.000 Euro wurden dafür bislang verausgabt. Zudem vermittelte die GFF-Geschäftsstelle private Übe- und Wohnmöglichkeiten sowie Mentor*innen für die jungen Künstler*innen, zum Beispiel bei Behördengängen.

Wir danken allen privaten Spender*innen und dem Rotary Club Frankfurt am Main-Taunus für ihre großzügige Unterstützung der geflüchteten Studierenden aus der Ukraine, die an der HfMDK eine neue künstlerische Heimat finden konnten.

Seit Beginn des Krieges konnten an der Hochschule insgesamt 20 geflüchtete Studierende aufgenommen werden. Sie erhalten als Gasthörer*innen Unterricht am Instrument, in Gesang, Schauspiel und Tanz und bei Bedarf auch Deutschunterricht.

»Unsere Hochschule hilft geflüchteten Studierenden, wo wir mit unserem Profil und von unseren Kapazitäten her helfen können. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen sowie den Studierenden, die hier zusätzlich zu ihren bestehenden Aufgaben helfend, koordinierend ein großartiges Engagement zeigen.«Prof. Elmar Fulda, Präsident der HfMDK

Über die erbrachten Studienleistungen erhalten die Gaststudierenden Bescheinigungen, die eine Anerkennung in einem anschließenden regulären Studium ermöglichen sollen. Zudem können sie WLAN, Überäume und die Bibliothek benutzen. Einige von ihnen haben sich inzwischen für ein reguläres Studium an der HfMDK beworben. 

Dieses Angebot konnte nur durch ehrenamtliches Engagement von zahlreichen Lehrenden, Beschäftigten aus der Verwaltung und Studierenden umgesetzt werden.

Konzert im Großen Saal der HfMDK. Auf der Bühne ein Flügel und eine Geigerin, hinten am Bühnenrand hängt ein Transparent mit der Aufschrift Leave No One Behind.
Benefizkonzert des Arbeitskreises #LeaveNoOneBehind.(Foto: Léa Villeneuve)

Zukunftspläne begleiten

Léa Villeneuve studiert an der HfMDK derzeit im Master Instrumentalpädagogik Querflöte und Historische Instrumentalpraxis (HIP) Traversflöte. Sie engagiert sich innerhalb und außerhalb ihres Hochschulalltags schon lange für Geflüchtete, unter anderem im Arbeitskreis #LeaveNoOneBehind.

Kurz nach dem Kriegsbeginn begleitete Léa Villeneuve eine junge Flötistin aus der Ukraine, die zusammen mit ihrer Tante geflüchtet war, bei ihrem Neustart in Frankfurt: „Ich organisierte ihr einen Proberaum, gab ihr einmal pro Woche kostenlosen Unterricht, nahm sie mit zu einem Flötenensemble in der Musikschule wo ich tätig bin, redete mit ihr über ihre Situation und Zukunftspläne. Ich wollte unbedingt dafür sorgen, dass sie weiterhin ihre Leidenschaft für Musik als Anhaltspunkt behält, da sie bis auf ihr Instrument quasi alles zurückgelassen hatte.“

»Je verzahnter der kulturelle Austausch zwischen den Bürger*innen verschiedener Länder ist, desto unwahrscheinlicher sollte eine Entfremdung in Krisen sein. Es ist mir wichtig, auf lokaler Ebene, auf der Bühne und im Alltag neue Impulse zu setzen, so klein sie auch sind. Die Solidarität, die die Gesellschaft mit ukrainischen Geflüchteten bewiesen hat sollte darüber hinaus für Geflüchtete aus allen Ländern gelten.«Léa Villeneuve

Zum Wintersemester schaffte die junge Ukrainerin die Aufnahmeprüfung am Dr. Hoch’s Konservatorium. Léa Villeneuve ist weiterhin in Kontakt mit ihr und ihrer Tante: „Es ist ja ein langfristiges Engagement.“

Benefizkonzert