Musiktheater in Frankfurt studieren – im Gespräch mit Prof. Jan-Richard Kehl

interview

Prof. Jan-Ri­chard Kehl gibt den sze­ni­schen Un­ter­richt in der Ge­sangs­ab­tei­lung der HfMDK und ist maß­geb­lich an der Ge­stal­tung des neu­en Mu­sik­thea­ter-Mas­ters be­tei­ligt. Im In­ter­view er­klärt er, was die Mu­sik­thea­ter-Aus­bil­dung an der HfMDK so ein­ma­lig macht.

Ein Student singt beim Szeneabend der Gesangsabteilung
Beim Szeneabend der Gesangsabteilung im Februar 2024 zeigten Studierende den zweiten Akt von Strauss' "Die Fledermaus" als einen teilweise ausgelassenen, teilweise nachdenklichen Abend in der "Orlof-Skybar". Prof. Kehl hat inszeniert.(Photo: Hansjörg Rindsberg)
Studierende beim Szeneabend der Gesangsabteilung.
Beim Szeneabend der Gesangsabteilung im Februar 2024 zeigten Studierende den zweiten Akt von Strauss' "Die Fledermaus" als einen teilweise ausgelassenen, teilweise nachdenklichen Abend in der "Orlof-Skybar". Prof. Kehl hat inszeniert.(Photo: Hansjörg Rindsberg)

Wie ist der neue Mu­sik­thea­ter-Mas­ter auf­ge­baut?

Wir ha­ben ver­sucht, den Auf­bau für den Mas­ter Mu­sik­thea­ter zeit­ge­mä­ßer zu ge­stal­ten – das heißt, die Strö­mun­gen auf­zu­grei­fen, die sich in den letz­ten Jah­ren so­wohl am frei­en Markt als auch in den eta­blier­ten Thea­tern er­ge­ben ha­ben. Das sind zum ei­nen An­for­de­run­gen an die Hand­werk­lich­keit von Stu­die­ren­den, an Schau­spiel, an Sti­lis­tik, an Re­per­toire­kennt­nis und zum an­de­ren ist es na­tür­lich auch die Brei­te der Be­rufs­pra­xis, des Be­rufs­bil­des.

Was ist be­son­ders am Mu­sik­thea­ter-Stu­di­um in Frank­furt?

Wir ha­ben hier in Frank­furt die gro­ße glück­li­che Lage, dass wir ein sehr, sehr dich­tes Kul­tur­zen­trum mit vie­len Aus­übungs­mög­lich­kei­ten sind und sich das auch schon im Stu­di­en­all­tag be­merk­bar macht. Wir ha­ben mit al­len um­lie­gen­den Thea­tern ei­nen Ver­bund, der sich Hes­si­sche Thea­ter­aka­de­mie nennt. Dort sind alle um­lie­gen­den Thea­ter – nicht nur Hes­sen, son­dern auch noch an­lie­gend Ba­den-Würt­tem­berg und Rhein­land-Pfalz – ver­eint, um eine Aus­bil­dungs­platt­form in der Pra­xis zu bil­den. Das heißt also, dass es eine ganz in­sti­tu­tio­na­li­sier­te An­bin­dung an die Pra­xis gibt, dass man dort Er­fah­run­gen sam­meln kann, dass man ein­ge­bun­den ist in den Thea­te­rall­tag. Par­al­lel zum Stu­di­um hier an der Hoch­schu­le. Die­ser Ver­bund ist ein­ma­lig und si­cher ein Al­lein­stel­lungs­merk­mal für Frank­furt.

Eben­so ha­ben wir Ko­ope­ra­tio­nen mit Kan­to­rei­en, es gibt ein Kan­to­ren­vor­sin­gen und ein lang­jäh­ri­ges Pro­jekt mit den Haupt­kan­to­rei­en von Frank­furt und Wies­ba­den über die Auf­füh­rung al­ler Bach­kan­ta­ten.

Kön­nen Stu­die­ren­de im Mas­ter Mu­sik­thea­ter ei­ge­ne Schwer­punk­te set­zen? 

Ja, da ist das Spek­trum re­la­tiv breit. Wir ha­ben in der Hoch­schu­le die zeit­ge­nös­si­sche Mu­sik als Schwer­punkt. In die­sem Be­reich kann man sich ver­tie­fen. Au­ßer­dem ha­ben wir hier das In­sti­tut für His­to­ri­sche In­ter­pre­ta­ti­ons­pra­xis. Und auch in die­sem Be­reich wäre es mög­lich, ver­tie­fen­de An­ge­bo­te wahr­zu­neh­men. Da gibt es Ko­ope­ra­ti­ons­ver­bin­dun­gen. Ein Grund­prin­zip war, dass wir die­sen Stu­di­en­gang mög­lichst in­di­vi­dua­li­siert durch­füh­ren möch­ten. Das heißt also, auf die Er­for­der­nis­se, die Stu­die­ren­de mit­brin­gen, ent­we­der in ih­ren In­ter­es­sen oder ih­ren Stu­di­en­sta­di­en, ein­ge­hen zu kön­nen.

Ensemble einer Opernproduktion beim Applaus auf der Bühne
(Foto: Hansjörg Rindsberg)
Szene aus der Oper Dido und Aeneas
(Foto: Hansjörg Rindsberg)
Musiktheater "The Long Christmas Dinner"
(Foto: Hansjörg Rindsberg)

War­um soll­te man in Frank­furt Mu­sik­thea­ter stu­die­ren?

Frank­furt ist ein biss­chen das Herz von Deutsch­land. Erst­mal durch den Flug­ha­fen – man kommt von hier in die gan­ze Welt. Des­we­gen ha­ben wir auch schon lan­ge ein sehr in­ter­na­tio­na­les In­ter­es­se an un­se­rem Stu­di­en­gang. Stu­die­ren­de kom­men aus der gan­zen Welt und von Frank­furt aus ge­langt man schnell in alle Ecken Deutsch­lands. Das heißt, es ist ein­fach ein Zen­trum.

Es gibt au­ßer­dem eine ganz star­ke Un­ter­stüt­zungs­struk­tur hier in Frank­furt. Das ist zum Bei­spiel auch ein sehr, sehr wich­ti­ger Grund für Stu­die­ren­de. Wir ha­ben sehr, sehr star­ke Freun­de und För­de­rer. Wir kön­nen jähr­lich sehr vie­le Sti­pen­di­en aus­lo­ben und ha­ben in der Ver­gan­gen­heit teil­wei­se bis zu eine Mil­li­on Euro zu­ge­schos­sen be­kom­men für un­se­re Pro­jek­te. Das ist im Um­kreis si­cher­lich eine recht her­aus­ra­gen­de Zahl an Bür­ger­en­ga­ge­ment für die Hoch­schu­le.

Für wen ist der Mas­ter am bes­ten ge­eig­net? 

Zu­nächst ein­mal ist es ein Mas­ter Mu­sik­thea­ter. Das heißt, je­mand möch­te auf eine Büh­ne als Dar­stel­ler. Wir be­to­nen, dass nicht mehr nur Oper der Fo­kus ist. Es ist si­cher­lich der Haupt­schwer­punkt, aber es gibt an Auf­tritts­for­men heut­zu­ta­ge na­tür­lich viel mehr: Freie Sze­ne, Pro­jek­te in Rah­men­be­din­gun­gen au­ßer­halb des klas­si­schen Thea­ters. Die­ses Thea­ter­sys­tem steht al­ler­dings auch in sei­nen trans­for­ma­to­ri­schen Wand­lun­gen im Zen­trum. In Deutsch­land ha­ben wir ja die­ses im­mer noch ganz ex­klu­siv und wer­den von al­ler Welt be­nei­det. Da spü­ren wir noch eine star­ke Ver­bin­dung und für das bil­den wir auch im Kern aus.

Die Vor­aus­set­zung ist na­tür­lich ein Ba­che­lor, das heißt eine Vor­bil­dung der Ge­sangs­stim­me im klas­si­schen Be­reich. Das ist un­ser Fo­kus. Also wer im klas­si­schen Be­reich auf eine Thea­ter­büh­ne im wei­tes­ten Sin­ne möch­te, der ist bei uns hier ge­nau rich­tig.

Szeneabend "Rheingold"
(Foto: Hansjörg Rindsberg)
Szeneabend "Hänsel und Gretel"
(Foto: Jörg Behr)
Knallige Farben bei Aschenputtel-Oper mit HfMDK-Studierenden
(Foto: unbekannt)

Was be­deu­tet der neue Mas­ter für die Ge­sangs­ab­tei­lung der HfMDK? 

Für die Ge­sangs­ab­tei­lung ist der neue Mas­ter ganz im­ma­nent wich­tig, weil er der Grund­stock in der zwei­ten Bil­dungs­ebe­ne nach dem Ba­che­lor ist. Die Aus­bil­dung im Be­reich Mu­sik­thea­ter ma­chen wir ja schon seit De­ka­den. Das heißt also, vor­her gab es ei­nen Mas­ter Ge­sang mit Schwer­punkt­wahl zwi­schen Oper und Kon­zert. Den ha­ben wir jetzt in zwei ei­gen­stän­di­ge Mas­ter auf­ge­teilt, um den Stu­die­ren­den in­di­vi­du­el­le­re Aus­bil­dungs­rah­men­be­din­gun­gen bie­ten zu kön­nen und auf sich wan­deln­de Rah­men­be­din­gun­gen zu re­agie­ren. Das ist ne­ben der Ba­che­lor­aus­bil­dung ei­nes der Haupt­stand­bei­ne für die Ge­sangs­ab­tei­lung.

Liegt Ih­nen noch et­was auf dem Her­zen, das Sie Stu­di­en­in­ter­es­sier­ten ger­ne mit­ge­ben wol­len?

Dass man in Frank­furt stu­diert, ist ge­prägt von ei­ner gro­ßen Me­tro­po­len­stadt, in der man sich sehr gut zu Hau­se füh­len kann, von ei­nem Zen­trum in­ner­halb Eu­ro­pas, von ei­ner Viel­zahl von Leh­ren­den und von An­ge­bo­ten in­ner­halb, aber auch au­ßer­halb der Hoch­schu­le, die ein Stu­di­um hier sehr at­trak­tiv ma­chen. Wir ha­ben über die all­täg­li­che Leh­re hin­aus ein brei­tes An­ge­bot an Meis­ter­kur­sen, wo wir in­ter­na­tio­nal tä­ti­ge Künst­ler oder Fach­leu­te ein­la­den und uns da in­spi­rie­ren las­sen und den Stu­die­ren­den hof­fent­lich eine Viel­falt in ih­rem Stu­di­en­all­tag, in ih­rer Ent­wick­lung, bie­ten kön­nen.

Fra­gen & Kon­takt

Weiterlesen