Pales­trina Forschungs­projekt

Seit Oktober 2004 beschäftigt sich ein Forschungsprojekt des musikwissenschaftlichen Seminars an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Ackermann mit dem kompositorischen Schaffen von Giovanni Pierluigi da Palestrina (ca. 1525–1594).

Aufgrund der Einmaligkeit seines Stiles mit dem Titel ›princeps musicae‹ geehrt, geht der Ruhm Palestrinas als »Retter der Kirchenmusik« auf die in der ›Missa Papae Marcelli‹ erreichte Verwirklichung der Forderungen des Konzils von Trient bezüglich der polyphon-liturgischen Musik zurück. Als einer der richtungsweisenden Musiker Roms, der während seines Wirkens nahezu alle wichtigen kirchenmusikalischen Ämter der Stadt einnahm, stand seine kompositorische Tätigkeit in direktem Kontakt zur katholischen Reformbewegung, welche großen Einfluss auf sein Werk ausübte.

Ausgehend von der Pflege seines vokalpolyphonen Schaffens in der Cappella Sistina riss die Aufführung und Rezeption seiner Musik nie ab. Als Begründer der so genannten römischen Schule galt sein Stil bald als Inbegriff der Kirchenmusik und wurde ohne Unterbrechung bis heute analysiert, musiziert und imitiert.

Aus dieser ununterbrochenen, mehr als 400-jährigen Rezeption ergibt sich eine komplexe Quellenlage, deren Untersuchung sich das Forschungsprojekt Palestrina widmet. Neben wenigen Autographen existieren als Primärquellen zahlreiche Handschriften, Originaldrucke und vor Erstveröffentlichung angefertigte Abschriften in zum Teil entlegenen Archiven und Bibliotheken in Europa, Nord- und Südamerika sowie in Russland. Die anhaltende Bewunderung für Palestrinas kompositorischen Stil sowie die Palestrina-Renaissance im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit der kirchenmusikalischen Bewegung des Cäcilianismus führten zu unzähligen handschriftlichen Abschriften und Spartierungen, Neudrucken und modernen Editionen, unter denen sich häufig Werke von zweifelhafter Zuschreibung befinden.

Das Palestrina-Forschungsprojekt ist primär auf die Erstellung eines Online-Werkverzeichnisses ausgerichtet. Hierzu werden derzeit alle relevanten bibliographischen Daten zu den ca. 800 musikalischen Werken – für die aktuell ca. 10.000 weltweit gestreute Quellennachweise vorliegen – in einer Datenbank, mittels einer eigens für dieses Projekt entwickelten Software, erfasst. Darüber hinaus werden die Werke auf der Basis ihrer wichtigsten Quellen digitalisiert (Verfahren: diplomatische Stimmenaufzeichnung in Partituranordnung mit Hilfe des textbasierten Notensatzprogramms LilyPond) und einschließlich quellenspezifischer Lesarten, die von der Software automatisch ermittelt werden, visualisiert. Schließlich wird neben den üblichen Datenbank-Rechercheverfahren auch die Möglichkeit bestehen, in den erfassten Stimmen/Partituren in einem umfassenden Sinne nach musikalischen Parametern und strukturellen Zusammenhängen zu suchen.

Das Neuartige dieses Projekts ist die Verknüpfung eines Werk- und Quellenverzeichnisses mit der Visualisierung quellennaher Partiturdarstellungen in digitaler Form, die im Gegensatz zu den gedruckten Erscheinungsformen mit umfangreichen Rechercheansätzen sowie vielfältigeren und verständlicheren Informations- und Darstellungsweisen aufwarten kann und damit für Wissenschaft und Praxis (etwa indem dem ausführenden Musiker für seine Interpretation ein Werk in verschiedenen lokal, institutionell oder historisch bedingten Aufführungsvarianten zur Verfügung steht) gleichermaßen geeignet ist.

Das Projekt wurde aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Leiter des Forschungsprojekts: Prof. Dr. Peter Ackermann

Mitarbeit und Kontakt: Dr. Carola Finkel

Mitarbeiter/-innen: Jonathan Sutphen und Cathrin Aßmann

Symposium im Sommersemester 2021

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